Für eine selbstbewusste Schweizer Europapolitik

Der Gotthard steht für mich symbolisch für unsere Beziehungen mit der EU: Wir wollen eine starke, eigenständige und souveräne Schweiz, die aber auch gute und wirtschaftlich blühende Beziehungen zu ihren Nachbarn hat. Und wir wollen bereit sein, uns als Partei der Zukunft nicht zu verschliessen, sondern diese Beziehungen den neuen Gegebenheiten anpassen.

Dies ist eine gekürzte Version der Rede an der FDP-Delegiertenversammlung vom 23. Juni 2018 in Airolo TI. Die Delegierten folgten ihrer Präsidentin mit überwältigender Mehrheit. 
 

Die FDP hat am Samstag am Fusse des Gotthards, in Airolo, über die Europapolitik diskutiert. Ein idealer Ort, denn der Pass steht für mich als Symbol für Heimat und für meine Vision der Schweiz. Er steht für Tradition und Schweizer Tugenden wie Fleiss, Demut und Risikobereitschaft. Gleichzeitig ist er aber auch ein Symbol für Offenheit und die Anpassungsfähigkeit an eine Welt, die sich ständig verändert. 

Der Gotthard steht für Tradition und Schweizer Tugenden, aber auch für Offenheit und Anpassungsfähigkeit

Bereits 1230 wurde mit der Teufelsbrücke der Grundstein für die sichere und einfachere Überquerung gelegt. Die Schweizer wussten schon damals, dass der stabile Handel mit benachbarten Gebieten langfristigen Wohlstand bringt. Später stand der Gotthard als Zentrum des Reduits für unsere Eigenständigkeit und unsere Souveränität. Und heute ist er Inbegriff eines dichten Strassen- und Schienennetzes, von dem wir alle profitieren. 

Wir Schweizerinnen und Schweizer haben begriffen, dass wir nicht in einer abgeschotteten Festung leben können. Vielmehr können wir von unseren Nachbarn profitieren. Dafür braucht es keinen EU-Beitritt, aber wir müssen gute und starke Beziehungen pflegen. Und dabei müssen wir auch bereit sein, die Beziehungen den sich ändernden Bedürfnissen anzupassen. 
Wenn man vor neuen Herausforderungen steht, muss man sich entscheiden, ob man sich ins Reduit verkriecht oder sich der Zukunft stellt. Dazu braucht es manchmal ein Jahrhundertprojekt wie die NEAT. Auch am Gotthard haben sich die Bedingungen geändert und man hat sich entschieden, zu investieren und darum die NEAT gebaut. Man hat das aber nicht einfach von heute auf morgen gemacht, sondern lange und intensiv diskutiert, vorsichtig geplant, die Bevölkerung miteinbezogen, die Risiken sorgfältig abgewogen, den Nutzen erkannt und schliesslich das Projekt angepackt. 

Wenn man vor neuen Herausforderungen steht, muss man sich entscheiden, ob man sich ins Reduit verkriecht oder sich der Zukunft stellt.

Bei der Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen mit einem Rahmenabkommen geht es auch um die Frage, ob es modernere Verbindungen zu unseren Handelspartnern geben soll. Es geht um die Frage, ob wir einen zusätzlichen Nutzen schaffen. Es geht um die Frage unserer Souveränität und unserer Fähigkeit, uns selbst immer wieder neu zu erfinden. Dabei wollen wir dem Beispiel der NEAT folgen: Die Stärkung des bilateralen Weges, die Vertiefung der Beziehungen zur Europäischen Union wollen wir nicht um jeden Preis. Wir wollen sie nur, wenn sie sorgfältig überlegt ist, wenn das Volk in die Entscheidungen eingebunden ist und sich ein klarer Nutzen ergibt. Dabei ist mir wichtig: Es ist ein Projekt der Schweiz. Das heisst, wir bestimmen das Tempo. Wir bestimmen, was wir wollen – und was nicht.

Am Schluss sagen wir Ja oder Nein

Wir sagen damit nicht einfach von vornherein Ja oder Nein zu einem Abkommen, sondern wir stellen klare Forderungen. Wir zeigen, wie wir unsere Vision einer eigenständigen, aber vernetzten Interessenpolitik als Schweiz gegenüber unserem wichtigsten Handelspartner umsetzen wollen. 
Das Verhandlungsergebnis zwischen der Schweiz und der EU können wir dann an diesen Forderungen messen. Erst dann sagen wir Ja oder Nein – immer mit einem Ziel vor Augen: Wohlstand und Souveränität für die Schweiz. 


Das wurde an der DV vom 23.06.2018 verabschiedet:

Positionspapier "Eckwerte einer selbstbewussten Europapolitik"
Resolution "Marktzugang dank Personenfreizügigkeit"